Menschenhandel

Am 20. April 2016 besuchte uns der Büroleiter für Menschenhandel und Schlepperei Oberst Gerald Tatzgern und gab uns Einblick in eine Problematik, die zwar präsent, aber in unserem Alltag kaum sichtbar ist. Schon früh bekämpfte Herr Tatzgern, in der Kommandoeinheit Cobra, die Kriminalität. Heute führt er international vernetzte Ermittlungen zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität und des Menschenhandels. Er und sein Team bekämpfen unter anderem auch den grenzüberschreitenden Prostitutionshandel, den Kinderhandel oder auch den Organhandel.

Zu Beginn erklärte er uns, dass man Menschenhandel in „Kinderhandel“ und „Menschenhandel von Erwachsenen“ (über 18) unterteilt. Je weiter der Menschenhandel von uns entfernt ist, umso weniger erkennen wir ihn und nehmen ihn wahr. Dazu nannte er diverse führende Bekleidungsproduzenten als Beispiel. Diese Bekleidungsproduzenten beuten Kinder aus und setzen sie als billige Arbeitskraft ein.

Unter Menschenhandel fällt auch der Handel mit Prostitution, die Zwangsprostitution. Dabei werden Frauen gezwungen (meistens von ihren Zuhältern), Sex für Geld anzubieten. Zum Glück herrscht kaum Zwangsprostitution in Österreich verglichen zum weltweiten Durchschnitt. Neben der Zwangsprostitution gibt es die legale freiwillige Prostitution. 800 Bordelle werden insgesamt in ganz Österreich betrieben und 8000 Prostituierte sind legal registriert, von welche nur 180 männlich sind. Die Verhältnisse und Umstände unter denen legale Prostituierten in Österreich arbeiten, sind im Vergleich zu anderen Ländern positiv zu bewerten. Österreich ist das einzige Land der Europäischen Union, das eine Gesundheitsuntersuchung alle sechs Monate verpflichtend eingeführt hat.

Herr Tatzgern ging dann spezifischer auf den Menschenhandel und dessen Entstehung ein. Dabei geht er von drei Punkten aus, die den Menschenhandel ausmachen: Handlung, Unlautere Mittel und Zweck der Ausbeutung.

Handlung

Um auf die Handlung näher einzugehen, nahm er die Bettelei der Roma-Minderheit in Österreich als Beispiel. Der erste Schritt der Handlung ist das Anwerben bzw. das Suchen der Personen, die geeignet dafür sind. Dafür suchen sie meistens in den Slums Rumäniens, den Vierteln der Armen. Menschen mit Handicaps (z.B. mit fehlenden Körperteilen) eignen sich am besten. Diese werden aufgenommen und untergebracht. Anschließend werden sie womöglich auch weitergegeben oder „verkauft“. Durchschnittlich bezahlt der neue Arbeitsgeber 2000€ für einen Bettler. Der Arbeitgeber verlangt dann ein Mehrfaches des Kaufpreises vom Bettler, der dieses Geld als Schulden, welcher abarbeiten muss.

Um Erwachsenen zum Betteln zu erzwingen, werden unlautere Mittel verwendet:

  • Gewalt
  • Gefährliche Drohung
  • Zwang
  • Ausnützung einer Autoritätsstellung
  • Ausnützung einer Krankheit (z.B. Geisteskrankheit)

Das Ziel jedes Menschenhandels ist die Ausbeutung einer Person. Dabei gibt es verschiedene Zwecke der Ausbeutung:

  • Sexuelle Ausbeutung
  • Organentnahme
  • Ausbeutung der Arbeitskraft
  • Bettelei
  • Begehung von Straftaten

Menschenhandel wird oft mit Schlepperei gleichgestellt, es sind jedoch zwei verschiedene Begriffe. Bei der Schlepperei ist der illegale Grenzübertritt im Vordergrund und der Fokus liegt auf dem Transport der Menschen. Beim Menschenhandel ist kein Grenzübertritt erforderlich und der Hauptgedanke ist Gewinn durch Ausbeutung von Menschen zu machen. Während beim Menschenhandel die ausgebeuteten Personen immer Opfer sind und eine persönliche Beziehung zum Menschenhändler haben, werden die geschleppten Personen nicht als Opfer gesehen, da es deren Wille ist zu flüchten und in ein anderes Land zu kommen. Die Schlepper kennen die Geschleppten meist nicht und haben nach dem Transport nichts mehr mit ihnen zu tun.

Herr Tatzgern beeindruckte uns mit seinem hochinteressanten Fachwissen, wie auch mit seiner Sprachgewandtheit und hinterließ einen bleibenden Eindruck.

Text von Dennis Top und Mirza Pollack, 7C