Dialog im Dunkeln

Interview mit Jan Beßler

 

Die Idee ist einfach: In völlig abgedunkelten Räumen führen Guides die Besucher,  die mit Blindenstöcken ausgestattet werden, durch eine Ausstellung, bei der sie sich völlig auf ihre anderen Sinne verlassen und Alltagssituationen meistern müssen. Doch wie fühlt man sich, wenn man diese Erfahrung macht und für eine Stunde völlig blind ist?

 

Jan, du warst am 1.4.2016 zu Besuch bei “Dialog im Dunkeln”. Wie kam es dazu?

 

Ich habe schon öfter vom Dialog im Dunkeln gehört. Doch im Zuge des Unterrichts an meiner Schule, bekamen meine Klasse und ich die Möglichkeit selbst die Erfahrung zu machen, blind zu sein.

 

Und wie war der Ablauf der Führung?

 

Wir kamen in vorher eingeteilten Gruppen an und hatten Zeit um unsere Sachen und Wertgegenstände abzulegen und wegzusperren. Bevor die Führung begann, hatten wir eine kurze Vorbesprechung mit unserer Professorin bezüglich unserer Erwartungshaltungen. Direkt im Anschluss kam ein Angestellter, um uns zum Eingang des Parcours zu bringen. Zuerst erhielten wir eine Einführung in die Benutzung eines Blindenstocks und einige Tipps mit auf den Weg und dann ging es los.

 

Am Anfang gibt es einen mehrfach gewundenen Gang, der dabei helfen soll, sich langsam an die Dunkelheit zu gewöhnen. In der absoluten Finsternis angekommen, wurden wir unserem Guide Marion vorgestellt. Was es zu einem besonderen Erlebnis machte, war, dass wir sie genauso kennenlernten, wie sie in ihrem Leben auch Menschen kennenlernt, ohne äußerliche Eindrücke und nur als eine Stimme, die einem ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Dabei fragte ich mich immer wieder, wie sie wohl aussieht.

 

In der nächsten dreiviertel Stunde folgte die Führung mit simulierten Alltagssituationen. Ein Highlight war der Aufenthalt in der Bar, die ebenfalls im Dunklen lag. Dort konnte man sogar Getränke kaufen und konsumieren. Auch das Überqueren einer Straße wurde simuliert.

 

Was ich persönlich als sehr spannend empfand, waren die Änderungen des Untergrundes. Wir gingen mal auf Asphalt, mal auf Gras und auch auf Sand und hier konnte ich die Unterschiede viel bewusster und deutlich verstärkt wahrnehmen und besonders die Benutzung des Blindenstocks fällt schwerer. Zum Beispiel blieb ich mit meinem Stock in der Wiese immer wieder etwas stecken.

 

Wurden deine Erwartungen im Endeffekt erfüllt?

 

Ich habe mir ein intensives Erlebnis erwartet und das war es in der Tat. Ich hatte mir allerdings nicht vorgestellt, wie dunkel es wirklich wird und es war eine neue Art von einschüchternder Finsternis. Auch die Ungewissheit spielt eine große Rolle. Es geht darum, jemand Fremdem völlig zu vertrauen und einer Stimme zu folgen.

 

An die Finsternis gewöhnt, empfand ich den gesamten Aufenthalt als sehr angenehm und auch lehrreich. Auf der einen Seite kann man sich selbst dadurch besser kennen lernen, denn man steht vor einer komplett ungewohnten Aufgabe, auf der anderen Seite lernt man seine Gesundheit und die intakte Sehkraft zu schätzen.  Die Atmosphäre war zu meiner Überraschung recht entspannt und “normal”, wenn man das so sagen kann.

 

Der Aufenthalt hat dir anscheinend sehr gut gefallen. Ging es deinen Klassenkameraden ebenfalls so?

 Ja, die Resonanz nach dem Ausflug war extrem positiv. Ein Teil des Lehrausganges war es auch, nach der Führung die Eindrücke zu besprechen und auch Gedanken schriftlich festzuhalten. Wenn man sich die Kommentare ansieht, gibt es einige Aspekte, die sich wiederholen. Nach anfänglichen Unsicherheiten machte es allen Spaß und wir konnten alle unsere eigenen und persönlichen Erfahrungen mitnehmen. Vor allem die Vielfalt der Stationen gefiel einigen besonders gut, denn es gibt immer wieder neue Untergründe, Hindernisse und Geräusche, wenn man im Parcours weiter geht, wodurch die anderen Sinne umso mehr gefordert werden. Diese anderen Eindrücke werden auch viel bewusster verarbeitet als gewöhnlich.

 

Der “Dialog im Dunkeln”, hat jedem sehr gut gefallen und ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Die Erfahrungen, blind zu sein, mit einem Blindenstock umzugehen und Alltagssituationen, wie den Besuch in einer Bar, zu meistern, werden dich zumindest nachdenklich stimmen. Ich habe begonnen intensiv darüber nachzudenken, wie es sein muss, die Welt nie mit den Augen gesehen zu haben. Außerdem, hat der Besuch bei “Dialog im Dunkeln” das Verständnis für Betroffene zum Positiven verändert.

Vanessa Dobias, Jan Beßler 7C