Vortrag Dr. Christian Alexander Belabed (OeNB) zu „Ist die Krise vorbei? Die wirtschaftliche Lage im Euroraum und der Welt“
Dr. Christian Alexander Belabed, Referent in der Abteilung für die Analyse wirtschaftlicher Entwicklungen im Ausland in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) trug im März 2018 zur Lage der Wirtschaft im Euroraum und der Welt vor.
Zuvor erzählte er von seinem beruflichen Werdegang und welche Aufgaben die OeNB hat. Die OeNB ist die unabhängige Zentralbank Österreichs und sorgt primär für die mittelfristige Preisstabilität im Euroraum. Die Hauptabteilung "Volkswirtschaft" ist in 3 Abteilungen eingeteilt (VOWA, VOSTA, AUSA). In der AUSA gibt es etwa 20 ÖkonomInnen, die in 2 Gruppen aufgeteilt sind: die Ostgruppe (CESEE) und die Westgruppe (Westeuropa sowie wichtige Länder wie China, Japan und die USA).
Dr. Belabed analysiert die Weltwirtschaft und ist darüber hinaus noch für die USA, China und Brexit verantwortlich. Außerdem erstellt er laufend Berichte und Unterlagen für das OeNB Management, vertritt die OeNB in internationalen Gremien, bearbeitet und koordiniert Stellungnahmen und forscht im Bereich Ungleichheit und deren Auswirkungen auf die Makroökonomie (z.B. globale Ungleichgewichte oder Finanzkrisen), sowie auf das Vertrauen in nationale Regierungen in Osteuropa.
Um uns die Finanzkrise 2008 besser erklären zu können, zeigte uns Herr Dr. Belabed anhand einiger Statistiken die Entwicklung von globalen Ungleichgewichten bis zur Krise und danach. Kurz zusammengefasst sagte er, dass jedem Land, das einen Überschuss in der Handels- oder Leistungsbilanz erwirtschaftet, zwangsweise andere Länder gegenüberstehen müssen, die ein Defizit erwirtschaften. Diese Defizite müssen finanziert werden, unter Umständen über Kredite und andere Formen der Verschuldung. Dies kann die Stabilität der Wirtschaft insgesamt gefährden und am Ende zu Finanzkrisen führen.
Danach warf er einen Blick auf die Zeit nach der Krise 2008: die USA und das Vereinigte Königreich erholten sich schneller als andere Regionen, wie beispielsweise Europa und Japan. In den USA hing dies mit der raschen Reaktion von Geld- und Fiskalpolitik zusammen. Allerdings erhöhte sich auch das Leistungsbilanzdefizit der USA mit dem Rest der Welt. Gleichzeitig sank der Leistungsbilanzüberschuss in China deutlich, weil dort die Verschuldung angestiegen ist. Beide Entwicklungen stellen die Nachhaltigkeit des gegenwärtigen Aufschwungs der Weltwirtschaft auf die Probe. Die Leistungsbilanz im Euroraum zeigt seit der Krise einen wachsenden Überschuss, am meisten getrieben durch Deutschland, während das Leistungsbilanzdefizit in einigen südeuropäischen Ländern deutlich gesunken ist und teilweise Überschüsse erwirtschaftet werden. Dies hängt allerdings mit der stark gesunkenen Nachfrage (und damit den Importen) in diesen Ländern zusammen und birgt Risiken für die Weltwirtschaft, denn die Überschüsse im Euroraum stehen wieder Defiziten in anderen Regionen gegenüber.
Abschließend beantwortete Herr Dr. Belabed noch Fragen einiger SchülerInnen. Eine davon war, ob es stimmt, dass die Leistungsbilanz der einzelnen Länder im Euroraum ausgeglichen ist. Herr Dr. Belabed zeigte uns, dass dies nicht stimmt und es auf Ebene der einzelnen Länder zu sehr gegengleichen Entwicklungen kam und weiterhin kommt. Auf der einen Seite gibt es Länder mit massiven Leistungsbilanzüberschüssen (z.B. Deutschland), auf der anderen Seite Länder mit steigenden Defiziten (z.B. Frankreich). Insgesamt erwirtschaftet der Euroraum einen Überschuss, was jedoch zwangsweise zu einem Defizit irgendwo anders in der Welt führen muss (z.B. USA, UK). Insofern ist die Diskussion über (globale) Ungleichgewichte alles andere als abgeschlossen.
Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Belabed für den interessanten Vortrag und die Zeit, die er sich für uns genommen hat.